So, vorhin wars so weit...das letzte Mal für dieses Jahr den Zündschlüssel umgedreht, die *Gong* "Außentemperatur: 2°C"-Warnmeldung (als wolle er sich gegen sein bevorstehendes Schicksal wehren) weggedrückt, den Motor angelassen, Licht eingeschaltet, Wählhebel auf D und los gings....Richtung Winterquartier.
Dort angekommen, machte sich Melancholie breit. Ein letztes Mal rund ums Auto spaziert, ein letztes Mal mit ein paar mehr oder weniger sanften Gassstößen den Drehzahlmesser hochgejagt, und dem Sound gelauscht. Doch dann ging es ans Eingemachte.

Den Zündschlüssel nach links gedreht, der Motor erstarb - jetzt hörte man nur mehr den Radio (Disturbed - Get down with the sickness, sehr geil

). Als ich die Nummerntafeln herunternahm, kam ich mir wie ein Mörder vor, das war beinahe so unanständig wie die nächste Aktion, das rechte Hinterrad gegen das Ersatzrad zu tauschen.
Wer jetzt fragt: "Warum macht der das?", dessen Felge hatte wohl noch nie einen Randstein geküsst

Solche Amputationen lassen sich einfach am besten bei einem betäubten Patienten durchführen, darum habe ich bis jetzt damit gewartet.
Da stand er nun vor mir, schon mehr tot als lebendig, ohne Taferln, mit 3x17" und 1x16" Felgen, und sah mich traurig an. Diesen Anblick konnte ich nicht lange mit ansehen, also versetzte ich ihm den Todesstoß - beide Akkus abgeklemmt, bedächtig und vorsichtig, um keinen Kurzschluss zu verursachen, zuerst den Linken, dann den Rechten. Gleichzeitig mit dem abnehmen der Polklemme am 2. Akku erlosch auch das letzte Lebenslicht, respektive die Kofferraumbeleuchtung.
Mit der ein oder anderen in den Augenwinkeln zerdrückten Träne begann ich, ihn in ein blaues Leichentuch einzuhüllen.
Dann machte ich mich auf den Weg Richtung Hallentor, in der einen Hand die Nummerntafeln und etwas Werkzeug, mit der anderen das abmontierte Rad vor mir hergerollt - einmal noch drehte ich mich herum, da sah ich ihn stehen, in guter Gesellschaft zwischen 2 anderen Winterleichen, einer Chevy Corvette C4 und einem Cadillac Eldorado STS (die beide wesentlich weniger km oben haben als meiner, vielleicht springen ja während der Standzeit ein paar von meinem rüber :mrgreen-angel: ) Als ich das Licht abdrehte, hatte ich das Gefühl, er würde mir zuzwinkern - als wollte er mir sagen, diese 4-5 Monate Winterschlaf können mir nichts anhaben, im kommenden Frühjahr werden meine 12 Zylinder wieder erwachen und beim Fahrer das selbe breite Grinsen hervorrufen, wie bei (fast) jeder Fahrt seit 1991.

Mit diesem Gedanken im Hinterkopf wurde die Türe verschlossen, gleichzeitig den Entschluss fassend, zumindest einmal im Monat vorbeizukommen um Totenwache zu halten - Akkus laden, 1-2m herumrollen um Standplatten und festen Bremsen vorzubeugen. Und vielleicht auch, um kurz das Herz, das Triebwerk zum Leben zu erwecken, wenn es meine Psyche erfordert

Gute Nacht :schlafen: